Die Halbinsel Stralau liegt im Osten von Berlin und gehört zu Friedrichshain-Kreuzberg. Gerade an den Wochenenden ist der rund drei Kilometer lange Uferweg sehr beliebt bei Stadtmenschen auf der Suche nach etwas frischer Luft, Wasser und Grün. Kein Wunder, schließlich gehörte die Stralau-Runde zu den schönsten Spaziergangs-Strecken in Berlin. Was man hier alles sehen kann? Hausboote und Flöße, (ein wenig zu viele) schicke Neubauten und ehemalige Fabriken, im Wind wogendes Schilf, Graureiher, Schwäne, und wenn man Glück hat, sogar einen Biber.
Immer wieder entlang des Uferwegs befinden sich Infotafeln, an denen du erfährst, was du da gerade vor dir siehst – oder was es hier einst zu sehen gab. Neben den NABU-Tafeln über die Flora und Fauna der Halbinsel sowie den Überresten der Tafeln des historischen Lehrpfads sind vor allem die großen Tafeln des Geschichtspfads Stralau interessant, die 2017 hier angebracht wurden. Auf diesen findest du auch einen QR-Code für weitere Informationen.
Inhalt des Artikels
Halbinsel Stralau: Hier war auch früher schon viel los
Die Halbinsel Alt-Stralau hat schon viel erlebt – ursprünglich ein ruhiges Fischerdorf wurde es zunächst zum trubeligen Ausflugsziel und anschließend zum Industriestandort. Nur um dann, nach der Wende, wieder in einen Dornröschenschlaf zu verfallen. Als ich Ende der Neunziger Jahre in Berlin ankam, war Alt-Stralau immer der Ort, wo ich meinen „Sinnierspaziergang“ gemacht habe. Das Wort hat mein Bruder erfunden und drückt genau das aus, was Spazieren so häufig für mich ist: Laufen und dabei die Gedanken fließen lassen. Damals war die Halbinsel noch weitaus weniger zugebaut als jetzt und es gab noch viel mehr freie Flächen.
Aber auch heute kann ich hier noch richtig tief durchatmen – auf Stralau gibt’s die schönsten Sonnenaufgänge und -untergänge, immerhin noch eine kleine Streuobstwiese, quakende Enten und große, alte Bäume. Auch wenn die Halbinsel auf Social Medie ironisch „The Beverly Hills of Berlin“ genannt wird – hier weht immer noch der wahre Geist Berlins. Komm mit auf einen Spaziergang rund um Alt-Stralau! Ich bin die Strecke schon so oft gelaufen, dass ich hier Fotos von verschiedenen Jahres- und Tageszeiten eingebaut habe – das macht noch einmal deutlicher, dass ein Stralau-Spaziergang immer eine gute Idee ist, egal ob im Sommer oder Winter, ob zum Sonnenaufgang oder am Nachmittag.
Route Spaziergang Alt-Stralau
Rundweg. Start: S-Bhf. Treptower Park, Ziel: S-Bhf. Ostkreuz
Länge: 3 km Uferweg plus Strecke von und zu den S-Bahnhöfen, insgesamt rund 5 km.
Wir starten an der S-Bahn Treptower Park, nehmen den parkseitigen Ausgang und gehen nach links. Hier immer geradeaus, über die Fußgängerbrücke und die Treppe runter. Von da aus alles geradeaus am Ufer entlang, bis zur Spitze der Halbinsel, die wir umrunden. Von dort es geht es an der anderen Uferseite in Richtung Westen bis zum Ende der Halbinsel. Nach einem kurzen Schlenker nach rechts erreichen wir den S-Bahnhof Ostkreuz.
Uferweg Stralau: Interessante Punkte und Sehenswürdigkeiten
1. Alte Teppichfabrik
In dem Moment, in dem wir die Halbinsel Alt-Stralau betreten, haben wir zu unserer Rechten das Ufer der Stralauer Spree und zu unserer Linken zunächst eine abgesperrte Brache, wo es einst wild wucherte, wo nun aber die neuesten Gebäude hochgezogen werden. Etwas weiter hinter dem Zaun befindet sich die ehemalige Alte Teppichfabrik. Im Jahr 1865 wurde sie von M. Protzen erbaut und war maßgeblich für die Entwicklung der Halbinsel vom Fischerdorf zum industriellen Standort. Die Teppichfabrik war damals State-of-the-art: Der Kettendruck, mit dem man Teppichmuster in großer Auflage herstellen konnte, wurde zuvor nur in England eingesetzt.
Die denkmalgeschützten Überreste der Teppichfabrik werden gerade (Stand Anfang 2021) umgebaut. Vor einigen Jahren fanden in den Räumlichkeiten der Fabrik sowie der daneben liegenden Fabrikantenvilla noch StartUp-Events und Fashion-Shootings statt und ich war dort einmal bei einem Spontan-Konzert von Pete Doherty, Eintritt 5 Euro.
2. Karl-Marx-Erinnerungsstätte
An Karl Marx erinnert das Denkmal zwischen dem Caroline-Tübbecke-Ufer und der Straße Alt-Stralau. Der Philosoph und Ökonom frischte als Student hier die gute Stralauer Luft. Die Erinnerungsstätte schlägt zudem einen Bogen von der Marxistischen Lehre zum Glasarbeiterstreik, der hier im Jahr 1901 stattfand.
3. Der blaue Kran
Ein blau lackierter Kran ragt stolz in die Höhe. Auf der dazugehörigen Aussichtsplattform sieht man den gegenüberliegenden Treptower Park und den Allianz Tower an der Elsenbrücke. Der Kran stand übrigens nicht immer hier, sondern gehörte früher zur Werftanlage der Weißen Flotte. Auf dem Weg solltest du dir unbedingt die Infotafel des Geschichtspfads Stralau durchlesen – denn sie erzählt von der Geschichte des Wassersports. Sehr spannend: Hier wurde 1891 mit dem Segel-Club Fraternitas der erste Segelverein gegründet, der nicht nur den Reichen und Schönen vorbehalten war, sondern vor allem den „Normalos“ offenstand.
4. Friedhof & Dorfkirche Stralau
Nach dem Kran müssten wir für eine kurze Weile vom Ufer weg und auf die Straße Alt-Stralau. (Auf dem Weg dorthin durch den Park befindet sich eine öffentliche Toilette). Hier kommen wir am Friedhof mit der alten Dorfkirche vorbei. Und die ist wirklich alt – geweiht wurde sie bereits im Jahr 1464 und ist somit das älteste Gebäude in Friedrichshain-Kreuzberg Der charakteristische, schiefe Turm ist dagegen etwas jünger und wurde im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts errichtet.
Wenn gerade keine Pandemie ist, ist die Kirche immer am 1. Sonntag im Monat geöffnet zum Gottesdienst. -Darüberhinaus gibt es die „Kirchturmrast“ an zwei Sonntagen des Monats – Informationen dazu findest du bei der Ev. Kirchengemeinde Boxhagen-Stralau.
5. Tunnelstraße
Ein paar Schritte weiter wird die Straße etwas breiter und in ihrer Mitte befindet sich ein Grünstreifen. Aus Alt-Stralau ist nun die Tunnelstraße geworden und der Name ist kein Zufall. Denn es gab hier tatsächlich mal einen Spreetunnel: Von 1899 bis 1932 fuhr hier die „Knüppelbahn“: eine unterirdische Straßenbahn, die von der Halbinsel Alt-Stralau nach Treptow führte.
6. Park Am Schwanenberg an der Südspitze
Wir sind jetzt ganz an der Spitze der Halbinsel Alt-Stralau. Zu unserer Rechten die mit dem Treptower Park verbundene Insel der Jugend und geradeaus kannst du mit guten Augen sogar das Riesenrad des einstigen Vergnügungsparks am Plänterwald sehen. Etwas weiter links am Rummelsburger Ufer das Zementwerk und die rauchenden Schornsteine des Heizkraftwerks Klingenberg.
Wenn ich immer mal wieder zu hören bekomme, wie überlaufen Stralau doch sei, verweise ich auf Anfang des 18. Jahrhunderts – denn da war auf der Halbinsel tatsächlich Bambule. Hier fand im September das Volksfest „Stralauer Fischzug“ statt, mit über 50.000 Besuchern. Eins ein kleines Fischerfest war es schnell the place to B für die Berliner – bis der Stadt der Rummel (im wahrsten Sinne des Wortes) irgendwann zu viel wurde und die Kirmes ein paar Jahre später verboten wurde.
7. Liebesinsel & Kratzbruch
Alter oder neuer Rummel hin und her: ein kontemplativer Blick über das Wasser erdet uns wieder. Unweit des Ufers befinden sich zwei Mini-Inseln, der Kratzbruch und die Liebesinsel. Beide stehen unter Naturschutz und bieten unzähligen Tieren einen urbanen, aber natürlichen Lebensraum. Derzeit wird dort mit Maßnahmen dafür gesorgt, dass dieser Rückzugsort nicht durch Menschen gestört wird – eine gute Sache, denn manch Freizeitkapitän kam den kleinen Werdern schon gefährlich nah.
8. Hansawerft
Am Hansa-Ufer befindet sich die Hansawerft, die seit über 110 Jahren Bootsbau an der Rummelburger See betreibt. Am Ufer befindet sich der Yachthafen Stralau – wer hier sein Boot liegen hat, kann sich glücklich schätzen. Life goals, würde ich mal sagen.
9. Palmkernölspeicher
Einige Meter weiter fällt ein imposantes rost-rotes Gebäude direkt am Ufer ins Auge – der einstige Speicher der einstigen Palmkernöl- und Schwefelkohlenstoffabrik von Paul Rengert. 1885 erbaut, wurde hier Pflanzenöl produziert, das wiederum für die Herstellung von Margarine verwendet wurde. Zur Fabrik gehörte auch ein Schiffsanleger, um die Waren auf dem Wasserweg transportieren zu können. Nachdem Rengert Ende des 19. Jahrhunderts pleite ging, wurde auf dem Gelände zunächst Getreide gelagert bis die Nationalsozialisten es zum Lager für Zwangsarbeiter umfunktionierten.
Während der DDR Zeit wurde hier wieder Getreide eingelagert – und der Palmkernölspeicher diente als Kulisse für den legendären Film „Die Legende von Paul und Paula“ mit Winfried Glatzeder und Angelica Domröse. Heute dient der einstige Speicher wieder als Wohnhaus und es befinden sich darin auch Künstlerateliers. Die Künstlerin Mia Florentine Weiss, bekannt durch ihre umherreisende Love-Hate-Skulptur, arbeitet hier und wenn man Glück hat, legt sie gerade an ihrem Kunstwerk Hand an.
10. Nixenkai
Zwischen dem Speicher und dem „Wohnpark Stralau“, dem großen, gebogenen Gebäudekomplex, liegt der Nixenkai. Ein Hof, in dessen Mitte sich eine Meerjungfrau räkelt – bzw. das „Nixenspiel“, wie die vom Künstlerpaar Christine Gersch und Igor Jerschov erschaffene Skulptur eigentlich heißt. Vielleicht kennst du ja auch den Sternenwächter am Boxhagener Platz vor der Sparkasse oder die Wasserräder auf dem Annemirl-Bauer-Platz am Ostkreuz? Auch diese beiden Figuren stammen aus den selben Künstlerhänden.
11. Glaswerk Stralau
Kurz bevor wir die Halbinsel Alt-Stralau wieder verlassen, gehen wir ein paar Meter nach links in die Glasbläseralle. Wie es der Name verrät, stand hier einst das Glaswerk Stralau. Ich erinnere mich, wie das Gebäude vor einigen Jahren noch eine Art „Lost Place“ war, eine ideale Kulisse für Fotoshootings und Filmdrehs. Seit einiger Zeit ist das Glaswerk von Grund auf saniert und nur noch für die Bewohner der dort neu geschaffenen Wohneinheiten zugänglich. Dahinter befindet sich einer der letzten Mohikaner der Halbinsel, das Verwaltungsgebäude der ehemaligen Engelhardt-Brauerei und der Flaschenturm. Auch hier passiert gerade etwas.
Nun sind wir am Ende unserer Stralau-Spazierrunde angelangt. In zehn weiteren Fußminuten bist du am Ostkreuz. Falls du noch nicht genug Auslauf hattest, kannst du einfach noch weiterlaufen und dir Stralau von der anderen Seite aus anschauen – auf der Lichtenberger Seite der Rummelsburger Bucht wartet noch eine weitere schöne Spaziergangsstrecke auf dich.
Video: Stralau Spaziergang an einem Wintermorgen
Cafés & Restaurants auf Stralau: Wo was essen und trinken?
Café Kap Frida auf Stralau
Seit Ende 2021 gibt es mit Kap Frida endlich ein tolles Café auf Stralau, mit richtig gutem Kaffee und leckeren Kuchen- und Gebäckteilchen sowie wochentäglich ab 11:30 Lunch.
Lies hier: Die besten Cafés in Berlin Friedrichshain
Kaffee und Kuchen auf dem Schiff
Neben dem Yachthafen bietet sonntags und feiertags das hier fest liegende Fahrgastschiff Arcona Kaffee, Kuchen und Kaltgetränke an und ab und an gibt es auch auf dem Kulturkahn Paula weiter vorne Richtung Ostkreuz einen Kaffeeklatsch.
Eis auf Stralau
Im Sommer Am Fischzug 21, der türkisfarbene Ice-Cream-Truck von „Meine kleine Eiszeit“, eine der besten Eisdielen in Friedrichshain.
Lunch & Bar auf Stralau: Urbayn
Ganz neu und seit Mitte Juni eröffnet ist das Urbayn, ganz vorne am Anfang der Halbinsel. Mit Blick auf die Rummelsburger Bucht gibt es im hippen Restaurant Mittagsgerichte, Heiß- und Kaltgetränke sowie Eis – das lässt sich auch gut auf den Liegestühlen genießen.
Stralau Spaziergang: Spielplätze & Outdoor Gyms
Am Caroline-Tübecke-Ufer, an der Ecke Alt-Stralau und Friedrich-Junge-Straße, befindet sich ein großer Abenteuerspielplatz zum Kletter und Toben, mit Blick auf die Rummelsburger See. Am ehemaligen Rathaus, Alt-Stralau 50/51 ist ein weiterer, allerdings kleinerer Spielplatz.
Weiter Richtung Ostkreuz findest du einen Workout Park mit Barren, Klimmzug-Stangen und Bänken für Workouts.
Hat dir dieser Artikel gefallen? Dann merke ihn dir doch gern für später auf Pinterest.