Der Berlin Marathon – Jahr für Jahr ein außergewöhnliches Erlebnis. Viele Male habe ich ihn am Rande der Laufstrecke erlebt und letztes Jahr dann endlich als Läuferin. Beim Berlin Marathon 2018 habe ich das Geschehen nochmal aus einer ganz anderen Perspektive betrachtet – als Helferin an einem Wasserstand. Wie das so war, wie du dich dafür anmeldest und welche Belohnung dabei auf dich wartet, erfährst du hier und jetzt.
Inhalt des Artikels
Marathon-Volunteer: der Ablauf
Setup am frühen Morgen
Am Marathonmorgen bildet sich um viertel vor Acht an unserem Einsatzpunkt bei Kilometer 20 in Kreuzberg schon eine kleine Schlange bei der Helferregistrierung. Die Freiwilligen-Koordinatorin hakt uns auf ihrer Liste ab und gibt uns unsere Helferjacke. Sie fragt uns, ob wir lieber zum Wasser, den Energydrinks oder dem Obst wollen und weist uns den Weg. Wer mich kennt, der weiß: wenn ich eins hasse, dann sind das klebrige Finger – die roten, süßen Kalorienbomben fallen also schonmal aus. Obst mag ich, aber Wasserverteiler klingt irgendwie spannender, insofern positionieren wir uns ungefähr in der Mitte der ungefähr zehn Wassertische. Das heißt, erstmal gilt es anzupacken, denn die Biertische müssen erst einmal aufgebaut werden. Das geht mit vereinten Kräften ziemlich fix, und schon kann es weitergehen mit der Befüllung der Wannen mit Wasser, während eine weitere Person die Becher darin verteilt. Die sind übrigens aus Bioplastik, aber dazu später mehr.
Die Ruhe vor dem Sturm
Alle Wannen sind gefüllt, die Holztische komplett bedeckt mit gefüllten Wasserbechern – und jetzt? Warten. Auf die Handbiker, die als erstes beim Berlin Marathon starten, unsere Dienste aber wahrscheinlich nicht brauchen werden, denn sie haben ihre eigene Wasserversorgung im Handbike. Und natürlich auf den Star der Veranstaltung: ein Kenianer namens Eliud Kipchoge, der zweimalige Gewinner des Berlin Marathons, der dieses Mal angetreten ist, um ihn zu brechen, den Rekord der Rekorde.
Die Handbiker kommen
Und plötzlich geht es los. Die ersten Handbiker fahren vorbei, in einer Geschwindigkeit, bei dem man sich kaum vorstellen kann, dass das nur Kraft der Arme erreicht wird. Eine unfassbare Anstrengung und ein sehr temporeicher Sport voller Adrenalin, auf den ich erst seit letztem Jahr so richtig aufmerksam geworden bin, als ich auf Instagram den Niederländer Marcel alias handbikepower kennengelernt habe. Der Berlin Marathon 2018 ist sein 15. Marathon und ich muss mich sehr anstrengen, ihn nicht zu verpassen. Die Handbiker tragen Helm und tragen die Startnummer hinten an ihrem Bike, deshalb ist das ein gar nicht so einfaches Unterfangen. Deshalb ist er auch schon fast vorbei gesaust, als wir „Marceeeeeel“ schreien.
Zu den Handbikern gesellen sich die Rollstuhlfahrer, nicht ganz so rasant aber mit enormem Willen und Muskelkraft. Und die ersten Gänsehautmomente: die Athleten bedanken sich bei uns für unsere Arbeit. Schön!
Kipchoge fliegt vorbei
Der Elite-Start ist noch keine Stunde vorbei, da kommt ER vorbeigerannt. Ach was sage ich: vorbei geflogen. Eliud Kipchoge sieht gut aus bei Kilometer 20 und hat drei seiner vier Pacer bereits hinter sich gelassen. Wasser braucht er von uns leider keins, er hat seine eigene Flasche dabei. Die wirft er ein paar Meter weiter weg – hach, welcher Glückselige hat Kips Flasche gefangen? Eine gute Stunde später wird dieser Mann den Weltrekord brechen und den Marathon in einer Zeit von 2 Stunden, 1 Minute und 39 Sekunden gelaufen sein. Das wissen wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht, hoffen es aber inständig.
Die durstige Läufermasse kommt. Und läuft. Und läuft.
Tatsächlich nicht sehr lange nach der Elite geht es los. Weil das noch nicht die große Masse ist, haben wir genug Zeit, die Wasserbecher per Hand zu reichen und ziemlich schnell ein gutes System ausgeklügelt. Denn: ist der Becher zu voll, schwappt die Hälfte davon beim Greifen über den Becherrand. Ist der Becher zu leer, haben viele der Läufer keine Lust, ihn zu nehmen und schnappen sich lieber einen der vollen Becher auf den Tischen. Ab dann geht es Schlag auf Schlag. Zwei Stunden lang sind wir nur am Becher reichen, Becher vollgießen, Wannen auffüllen. Die Ironie an der Geschichte: wir stehen direkt an der Quelle, aber sind alle recht dehydriert. Das liegt nicht daran, dass wir aus Hygienegründen uns nicht selbst am Wasser bedienen dürfen, schließlich wurde uns zuvor schon gesagt, dass wir unsere eigene Wasserflasche mitbringen sollen. Nein, es geht tatsächlich so schnell und es kommen so viele Läufer vorbei, dass wir kaum einen Moment zum innehalten, geschweige denn zum trinken haben.
Ein paar Augenblicke gibt es dann doch, an denen ich den Wasserbecher abstelle. Als der Instagramer Michael runs the World vorbeiläuft, der wie immer sehr schnell unterwegs ist, sich aber die Zeit nimmt, mit uns ein paar Fotos für seine Insta-Story zu machen. In der lobt er uns übrigens für das „best tasting water“ – hehe, you’re welcome!
Mit dem Besenwagen kommt das Ende
Gegen Viertel nach eins kommt das gefürchtetste Gefährt aller Marathonläufer vorbei: der Besenwagen. Wer bei Kilometer 20 auf Höhe des Besenwagens läuft, der darf einsteigen. Wohlgemerkt „darf“ – gezwungen wird keiner, du darfst deinen Marathon zu Ende laufen, allerdings nicht mehr auf der Straße, denn die Absperrung wird jetzt aufgehoben. Und nicht nur die, denn auch um die Verpflegung müssen sich die Läufer fortan selber kümmern: wir bauen ab. Das bedeutet, wir räumen die übrigen Becher zusammen und dürfen dann nach Hause gehen. Unser Einsatz hat also knapp sechs Stunden gedauert.
Müll beim Berlin Marathon
Unzählige Plastikbecher beim Marathon – aber bio!
Jetzt sehen wir auch, was mit den vielen gebrauchten Bechern passiert, die einen großen (Bio-)Plastikteppich auf dem Berliner Asphalt hinterlassen haben. Zunächst werden sie von einem Fahrzeug eingesammelt, dann mitten auf der Straße wieder ausgekippt und mit Kranarm in einen anderen LKW verladen. Der Sinn der Aktion hat sich mir bis dato nicht ergeben – vielleicht, weil der erste Lastwagen zu hoch war, um durch die S-Bahn-Brücke an der Yorckstraße durchzukommen? Zu den Bechern gesellt sich alles andere, was da sonst noch auf den Straßen liegt, dazu auch die Becher der Energy-Drinks, die aus einem anderen Material sind. Klar, ein guter Gedanke, dass die Becher für 44.000 Marathon-Teilnehmer aus Bioplastik sind, aber ob sie alle fachgerecht entsorgt werden ist eine Frage, deren Antwort mich brennend interessiert.
Übrigens: bezüglich der zuvor medial so gehypten wiederverwendbaren Bechern sehen wir an unserem Stand nur einen einzigen Läufer, der so einen Becher dabei hat. Dafür haben nicht wenige ihre eigene Flasche dabei, die sie sich von uns auffüllen lassen. Wir müssen dafür zwar auch einen Becher verwenden, weil wir diesen aber mit Handschuhen anfassen, können wir ihn danach noch einmal einsetzen. Die eigene Flasche beim Marathonlauf: super Sache und äußerst nachahmenswert.
Essensreste beim Berlin Marathon
Viel schöner ist es dann zu sehen, was mit den Essensresten passiert. Viele Kisten voller Bananen und Äpfel sind übrig geblieben. Wir Helfer dürfen uns bedienen und dann kommt auch schon die Berliner Tafel, die das Obst mitnimmt, um es später an Bedürftige auszugeben. Kein Food Waste also beim Berlin Marathon, das freut mich doch sehr.
Belohnung für Helfer beim Berlin Marathon
Belohnung Nr. 1: Gutes Karma
Was bekommst du als Volunteer beim Berlin Marathon? Als erstes natürlich ganz, ganz viel gutes Karma. Was ich bisher noch gar nicht explizit erwähnt habe, weil ich davon ausgehe, dass es sowieso klar ist: als Helfer beim Marathon dabei zu sein macht total viel Spaß! Der Adrenalin-Rush, wenn plötzlich alles so schnell geht, den kleinen Moment inmitten der Hektik, den man mit einem Läufer teilt. Die Dankbarkeit der Läuferinnen und Läufer. Das Gefühl, etwas Gutes zu tun, denn mit jeder „Trinken, du musst trinken!“-Aufforderung hilfst du jemandem ein ganz kleines bisschen dabei, die 42 Kilometer zu schaffen. Und ein ganz bisschen lustig ist es auch, die Gesichtsausdrücke anzuschauen, wenn du einen Becher mit Wasser in der Hand hältst und die Läufer dich als durstlöschende Oase mitten in der Wüste ansehen.
Belohnung Nr. 2: Eine schicke Berlin Marathon Jacke
Für unseren Einsatz bekommen wir eine Funktionsjacke, die wir nach unserer Volunteertätigkeit natürlich behalten dürfen. Die ist von Adidas und dieses Jahr in einer sehr hübschen Farbgebung – erinnert ein bisschen an einen Portugieser im Weinglas. Die Jacke ist von der Form exakt die selbe wie die offizielle, schwarze Berlin Marathon 2018 Jacke, die im SCC Shop €80 kostet.
Volunteer Verpflegung beim Berlin Marathon
Bei anderen Läufen des SCC Berlin gibt es ein kleines Lunchpaket für die freiwilligen Helfer, beim Berlin Marathon müssen sich die Volunteers selbst versorgen. Das gilt für Essen und Trinken. Profi-Tipp: bei Kilometer 20 stehst du direkt bei Berlins bester Kuchenbäckerei, nämlich Mr. Minsch. Zeit, dort hinzugehen, hast du wahrscheinlich erst nach deinem Einsatz, aber eine Belohnung in Form von Kuchen ist ja sowieso die beste.
Volunteer beim Berlin Marathon 2018: wie melde ich mich an?
SCC Events ist der Veranstalter des Berlin Marathon wie auch von vielen anderen Laufveranstaltungen in Berlin. Direkt beim SCC kannst du dich auch als freiwilliger Helfer anmelden. Was du zunächst tun musst, um als Volunteer bei einer Laufveranstaltung in Berlin teilzunehmen, ist dich auf dem Helferportal von SCC Events anzumelden. Bei der Anmeldung gibst du, neben deinen Daten, deine Kleidergröße an (wegen der Helfer-Jacke, die du zum Einsatz trägst) sowie deine Sprachkenntnisse. Des Weiteren kannst du ankreuzen, welche Fähigkeiten du noch mit einbringst: bist du vielleicht besonders kommunikativ? Handwerklich begabt oder doch eher gut im Leiten eines Teams? Anschließend fragt dich das Formular noch nach deiner Motivation als Volunteer sowie deinem gewünschten Einsatzgebiet.
Kann ich meinen Einsatzbereich als Marathon Helfer aussuchen?
Angabe deiner Vorlieben bei der Registrierung
Bereits bei der ersten Registrierung wirst du – ganz generell für alle möglichen Veranstaltungen – danach gefragt, für welche Art von Tätigkeit du dich am meisten interessierst. Hier kannst du ankreuzen, ob du gerne bei der Startnummernausgabe helfen möchtest, bei der Kleiderablage, als Streckenposten, bei der Versorgung, als Zielhelfer oder beim Infopoint. Keine Sorge, mit diesen Angaben legst du dich nicht ein für allemal fest, es hilft den Koordinatoren des SCC Volunteer Club einfach nur etwas besser bei der Planung – die übrigens ein gigantischer logistischer Aufwand ist. Das heißt aber auch andersrum: nur weil du z.B. „Starthelfer“ angekreuzt hast, heißt das nicht zwingend, dass du auch ausschließlich in diesem Bereich eingesetzt wirst.
Einsatzbereich aussuchen für den Berlin Marathon
Wenn die Anmeldung für die Volunteers des Berlin Marathons geöffnet ist – normalerweise einige Wochen vor der Veranstaltung – wird es dann konkreter. Hier kannst du ganz genau angeben, was du gerne tun willst, wo du es tun willst und auch, mit wem du das gerne zusammen tun willst, falls du gemeinsam mit einem Freund oder einer Freundin helfen magst. Wie gehst du nun am besten dabei vor? Überlege dir: bist du eher Frühaufsteher? Dann ist Starthelfer vielleicht dein Ding (aber Achtung, die fangen seeeehr früh an). Willst du einfach nur möglichst vielen aufgeregten Läufern unter die Arme greifen? Dann ist die Kleiderablage vielleicht ein guter Job für dich. Für mich und meinen Freund, mit dem ich beim Berlin Marathon 2018 als Volunteer geholfen habe, war klar: wir wollen unbedingt was von der Strecke sehen und möglichst viel von der Atmosphäre mitbekommen. Deswegen haben wir uns eine Tätigkeit am Verpflegungspunkt gewünscht (und diese auch bekommen). Wir wollten nicht ganz am Anfang, aber auch nicht ganz am Ende stationiert sein, deswegen haben wir uns für Kilometer 20 in Kreuzberg entschieden.
Ungefähr zwei Wochen vor dem Berlin Marathon erfährst du dann via Mail, ob es geklappt hat mit deinem gewünschten Einsatz. Hier erhältst du dann die letzten Infos und deinen Arbeitsbeginn.
Fazit: Einsatz als Volunteer beim Berlin Marathon
Du hast es wahrscheinlich schon beim Lesen gemerkt, ich fand meinen Volunteer-Einsatz beim Berlin Marathon ziemlich toll. Klar, keine Frage es war extrem anstrengend und das beste für den Rücken ist es auch nicht, weil man sich ständig bückt, um die Becher mit Wasser zu füllen. Es ist wirklich selten, dass man die Freuden und Leiden der Marathonläufer so nah miterleben kann. Wir haben es auch nicht als bloßen Job gesehen, den es zu erfüllen gab, sondern als eine Ehre. Es ist so toll, die Gesichter der Läufer zu sehen, wie sie sich aufhellen, wenn du ihren Namen rufst, den du auf der Starnummer liest. Auf 44.000 Sportler kamen beim Berlin Marathon 2018 über 6.000 Volunteers und ich kann mir nur ungefähr vorstellen, was das alles an Koordination und Planung bedeutet. Ich war auch schon bei anderen Laufevents als freiwillige Helferin dabei und es hat jedes Mal großen Spaß gemacht, der Volunteer Einsatz beim Berlin Marathon war jedoch die Krönung. Insofern, überleg‘ dir doch mal bei einem Marathon, den du selbst nicht laufen willst, ob du als Helfer dabei bist. Es lohnt sich, versprochen.
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