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Die traditionelle Kirchweih in Franken ist ein Brauchtum, das auch für Besucherinnen und Besucher der Region ein unvergessliches Erlebnis sind. Die Kirwa ist hier mehr als nur ein Fest – sie ist ein kulturelles Erbe, das von Generation zu Generation weitergegeben wird.
Inhalt des Artikels
Die kulturelle Bedeutung der Kerwa in Franken
In Franken ist das Brauchtum der Kirchweihfeste tief in der regionalen Kultur verwurzelt. Anfangs stand die Feier im Zusammenhang mit der Einweihung einer Kirche oder dem Gedenktag des Heiligen, dem die Kirche gewidmet war. Die Feierlichkeiten der Kirchweih erstrecken sich über mehrere Tage und finden gelegentlich sogar in Gemeinden statt, in denen es keine Kirche gibt.
Im Laufe der Zeit haben sich aus den religiösen Anlässen ausgedehnte Volksfeste entwickelt, bei denen Tradition und Brauchtum aber immer noch eine große Rolle spielen.
Kirchweih, Kirwa, Kerwa oder Kärwa?
Wie genau die Einheimischen ihre Kirchweih nennen hängt von der geografischen Lage ab. Während man in Franken hauptsächlich den Begriff ‘Kerwa’ verwendet, hat sich in der Oberpfalz der Ausdruck ‘Kirwa’ durchgesetzt. In anderen Teilen des Landes, insbesondere in Unterfranken, sagt man wiederum ‘Kerm’.
Wann ist Kirchweih in Franken?
Während im restlichen Bayern die Kirchweih am dritten Sonntag im Oktober feiert, ticken die Uhren in Franken und in der Oberpfalz anders: Jede Gemeinde wählt ihren individuellen Zeitpunkt für die Kirchweih, der sich vom Frühling bis zum Herbst erstrecken kann. In den meisten Fällen wird sie passend zum Namenstag des jeweiligen Schutzheiligen der Kirche oder zum Jubiläum der Kirchweihe zelebriert. Das Tolle daran: In Franken kann man also an vielen Tagen Kerwa feiern und die verschiedenen regionalen Kirchweih-Traditionen kennenlernen.
Kirchweih Traditionen in Franken: Unterschiedlich je nach Region
Je nach Region, ja sogar je nach Ort variieren die einzelnen Traditionen und Bestandteile der Kirwa in Franken. Für die traditionelle fränkische Kirchweih gibt es also keine exakte Defintion. Der Verein ‘Fränkischer Bund e.V.’ hebt jedoch bestimte Bräuche hervor, die auf den meisten Kerwas in Franken anzutreffen sind. Dazu gehören u.a. der Kerwa-Baum, die Kerwa-Küchle und der Umzug. Weitere bekannte Bestandteile einer traditionellen Kerwa in Franken sind die Kerwa-Buben und -Mädchen und das Austanzen des Baums.
Detaillierte Informationen über die Kerwa-Traditionen in Franken erhältst du auf der Webseite des Fränkischen Bunds.
Video: Kirwa in Alfeld
Kirchweih im Nürnberger Land: Kirwa in Alfeld
Ja, richtig gelesen: In Alfeld feiert man ‘Kirwa’ und nicht ‘Kerwa’. Das könnte daran liegen, dass sich die Gemeinde zwar in Mittelfranken befindet, aber nur einen Katzensprung entfernt von der Oberpfalz liegt.
Die Kirwa in Alfeld ist eine ganz besondere Kirchweih in Franken, und das hat nicht zuletzt Gründe, die weit in der Vergangenheit liegen:
Über einen Zeitraum von mehr als drei Jahrhunderten war die Gemeinde aufgrund des Konflikts des Landshuter Erbfolgekrieges zwischen Bayern und der Freien Reichsstadt Nürnberg in zwei Teile gespalten. Alfeld war also isoliert und den Bewohnern blieb nichts anderes übrig, als sich dem Schmuggeln zuzuwenden. Als im Jahr 1806 das Königreich Bayern gegründet wurde und die Freie Reichsstadt Nürnberg Teil von Bayern wurde, hatte dies auch die Wiedervereinigung von Alfeld zur Folge.
Wichtige Elemente der Kirwa in Alfeld sind auf diesen Ausnahmezustand in der Geschichte der Region zurück zuführen, vor allem die Roaßerer und der Goldene Buschn, die ich gleich näher erkläre.
Kirwa-Umzug in Alfeld: Roußerer und Eigmachte
Als ich an einem Montag im August darauf warte, dass der Kirwa-Umzug in Alfeld beginnt, ist die Kirwa schon längst im Gange. Begonnen hat sie nämlich bereits am vorherigen Donnerstag mit der Vogelsuppe – was es damit auf sich hat, erfährst du weiter unten im Text.
Am Freitag wurden zunächst die traditionellen Kirwalieder gesungen und anschließend der Kirwabaum eingeholt und aufgestellt. Am Sonntag wurde der Kirchweihbuschn vom Schneiderberg zum Kegelberg aufgezogen – er wird heute beim Baumaustanzen noch eine tragende Rolle spielen, dazu aber später mehr.
Nun bin ich also oben am Berghof, wo seit einigen Stunden der Frühschoppen läuft. Hier beginnt auch gleich der Umzug, est ist voll, laut, die Stimmung feucht-fröhlich. Letzte Vorbereitungen werden noch gemacht, das Dirndl gerichtet, Zöpfe geflochten.
Etwa eine halbe Stunde später als geplant – um 14:30 Uhr – setzt sich der Zug in Bewegung. Angeführt von einem mit Blumen geschmückten Traktor, auf dem die Musikanten sitzen und an dem der ‘Eilwagen’ angehängt ist.
Der Eilwagen ist ein Konstrukt aus einem Baumstamm, an dem ein auf dem Boden liegendes Rad befestigt ist. An einer Stange in der Mitte halten sich zwei junge Männer fest und versuchen, die Balance zu halten. Und es sind nicht irgendwelche Kirwa-Burschen, sondern die ‘Roaßerer’ – mit Ruß geschwärzte Figuren (ein Mann und ein als Frau verkleideter Mann), die während der halsbrecherischen Fahrt nicht nur versuchen, das Gleichgewicht zu halten, sondern nebenher noch Zigarren paffen.
Davor haben sie die Gesichter der Kirwa-Besucher mit Rußstreifen bemalt, was ähnlich wie bei einem Aufeinandertreffen mit einem Schornsteinfeger, Glück bringen soll.
Begleitet von der Musik der Alfelder Musikanten und dem Singen der Kirwa-Lieder bewegt sich der Zug in Richtung Dorfplatz, auf dem der Kirwabaum steht. Obwohl die Strecke nicht sonderlich lang ist, dauert es eine ganze Weile, weil immer eine Pause eingelegt wird. Um zu tanzen, oder für für ‘Ei’gmachten’: Hier tun sich die Kirwaboum zusammen und verbeugen sich vor den Musizierenden, für die das einer Aufforderung zum Spielen gleichkommt.
Baum austanzen bei der Alfelder Kirwa: Der Houterer und der Goldene Buschn
Bereits am Sonntagmorgen wurde auf dem 249 Meter langen Seil, dass von einem Berg zum anderen führt (und somit über die einstig getrennten Gebiete) der ‘Goldene Buschn’ emporgezogen. Der ‘Buschn’, das ist ein eineinhalb Meter langer Fichtenzweig, der mit goldenem Papier umhüllt ist und mit bunten Bändern verziert wird.
Beim ‘Austanzen’ des Baums am Montagabend tanzen die Paare in einem Kreis um den Kirchweihbaum und reichen sich dabei einen Blumenstrauß von Hand zu Hand, bis ein Schuss abgefeuert wird. Das Paar, das zu diesem Zeitpunkt den Blumenstrauß in Händen hält, erhält den Goldenen Buschen als Belohnung.
Der Sieger des Baumaustanzens trägt bis heute den Namen ‘Houterer’ und sobald ein neuer ‘Houterer’ gefunden wurde, hauen ihm die anderen ‘Kirwaboum’ (=Kirwabuben) den Hut immer wieder auf den Kopf.
Seit einigen Jahren fällt der Schuß nicht mehr zufällig. Weil auf den ‘Houterer’ erhebliche finanzielle Verpflichtugen zukommen – er musst u.a. sehr viele Getränke ausgeben – oder weil er zukünftig kein Kirwabursche mehr sein wird, wird er im Vorfeld gewählt. Dem Signalschützen wird per Zeichen mitgeteilt, wann er zu schießen hat – nämlich dann, wenn der Auserkorene den Strauß in der Hand hält.
Weitere spannende Details zur Alfelder Kirwa und Informationen zur Historie fendest du bei den Alfelder Musikanten sowie bei Benedikt Dannhauser und dem Kirchweihverein Alfeld.
Nürnberger Land: Kulinarische Kerwa-Traditionen
Das Nürnberger Land ist Genussregion und natürlich gibt es auch bei der Kirwa bzw. Kerwa typische Gerichte und Getränke. Eine Bratwurst wirst du fast bei jeder Kirwa finden, auch der fränkische Klassiker Schäuferla wird oft serviert.
Kerwa-Küchla
Keine Kerwa ohne Küchla! Die ‘Ausgezogenen’ werden aus einem Hefeteig hergestellt und anschließend in Butterschmalz ausgebacken. Ein gutes Küchla hat einen weißen Rand sowie in der Mitte ein rundes ‘Fenster’.
Falls die Gemeinde nicht katholisch, sondern evangelisch ist, werden statt der Küchla so genannte ‘Kissen’ angeboten – gleicher Teig, andere Form.
In Alfeld gab’s beides, die typische Variante ist hier allerdings das Kissen, welches ich auch probiert (und geliebt!) habe.
Vogelsuppe
Eine Kerwa-Spezialität, die nur in der Hersbrucker Schweiz zu finden ist, ist die Vogelsuppe. Anders als es der Name befürchten lässt, sind darin keine Vögel enthalten, stattdessen handelt es sich hierbei um ein Gericht aus Rinder- und Schweinenieren-Geschnetzeltem.
Serviert wird die Vogelsuppe traditonell am Donnerstag vor der Kirchweih. Zurück zu führen ist die Suppe auf den Gasthof Vogel aus Pommelsbrunn. Mehr Infos zur Suppe und ihrer Historie findest du bei der Genussregion Nürnberger Land.
Fränkisches Bier
Die Vielfalt der fränkischen Biere scheint schier unerschöpflich – allein in der Fränkischen Schweiz gibt es über 100 Kleinbrauereien. Logisch, dass Bier auch eine wichtige Rolle bei der fränkischen Kirchweih spielt. Sogar während des Baumaustanzens kommt das Bier zum Einsatz: Der Platzknecht geht in seiner weißen Schürze umher und sorgt dafür, dass die Biergläser der Kirchweih-Paare niemals leer sind.
Tipp: Fränkisches Bier mal anders gibt’s bei den Hopfenwochen im Nürnberger Land. Vom 10.09. bis 31.10.2023 hast du Gelegenheit, Einblicke in das Wissen über das ‘grüne Gold’ der Brauereien zu gewinnen und in den örtlichen Gaststätten Produkte mit Hopfen zu kosten. In den Lokalen der Region werden spezielle Gerichte oder sogar komplette Menüs rund um Hopfen und Bier serviert, begleitet von passenden Biersorten und es gibt auch viele Events rund ums Thema Hopfen.
PS: Liebe Alfelderinnen & Alfelder, wenn ihr euch auf einem Foto entdeckt und entweder a) nicht auf dem Blog erscheinen wollt oder b) gern ein Foto von euch haben möchtet, schreibt mir gerne an hallo(at)tracksandthecity.de
Offenlegung:
Meine Recherche im Nürnberger Land fand ihm Rahmen einer Blogger-Kooperation statt. Vielen Dank für die schöne Zeit mit und bei euch!