Unterwegs mit den Rangerinnen und Rangern in einer der schönsten Gegenden Bayerns: Eine Wanderung entlang der Isar mit Naturschutzinfos aus erster Hand.
Inhalt des Artikels
- Das Obere Isartal: Bayerisch-Kanada
- Das Obere Isartal im Naturschutzgebiet Karwendel und Karwendelvorgebirge
- Wer sind die Naturschutz-Ranger im Tölzer Land?
- Aufgaben der Ranger
- Seltene Arten im Tölzer Land
- Naturschutzgebiet Oberes Isartal: Wie verhalte ich mich richtig?
- Kampagne: Naturschutz beginnt mit dir
- Rangertour buchen
- Das Tölzer Land
Das Obere Isartal: Bayerisch-Kanada
Ist das hier schon Kanada oder sind wir noch in Bayern? Wenn man im Oberen Isartal entlang des letzten großen Wildflusses in Deutschland wandert, könnte man durchaus meinen, man befinde sich in Nordamerika. In dieser spektakulär schönen Landschaft haben viele seltene Pflanzen und schützenswerte Tierarten ihr Zuhause gefunden. Die stark gefährdete rotflügelige Schnarrschrecke fühlt sich hier genauso wohl wie die Deutsche Tamariske oder besondere Orchideenarten.
Und selbstverständlich auch der Mensch, der gerade im Sommer und Herbst hier her kommt, um die Natur zu genießen. Es ist ein ewiges Dilemma: Manche Orte sind so schön, dass sie darunter leiden, wenn zu viele Menschen an dieser Schönheit teilhaben wollen – vor allem, wenn sie sich dabei nicht richtig verhalten. Andererseits kann der Mensch oft dann erst verstehen, dass die Schönheit der Natur schützenswert ist, wenn er sie selbst erfahren hat. Und genau hier kommen die Naturschutz-Ranger ins Spiel.
Das Obere Isartal im Naturschutzgebiet Karwendel und Karwendelvorgebirge
Während meines Wochenendes im Tölzer Land, das südlich von München zwischen Isar und Loisach liegt, war ich einen Vormittag mit den Rangern unterwegs im Oberen Isartal und an den Isarauen. Die obere Isar reicht von Mittenwald bis zum Syslvensteinsee. Im weiteren Verlauf der Isar nach Norden gibt es wiederum die Isarauen, die aus Landschaftsschutzgebieten und Naturschutzgebieten bestehen.
Der südlichste Abschnitt des Oberen Isartals ist ein Teil des Karwendelgebirges, das sich hauptsächlich in Tirol und zu einem kleinen Teil auch in Bayern befindet und als das am dünnsten besiedelte Gebiet Mitteleuropas gilt. Das hat auch historische Gründe: Einst war diese schöne Region nur denjenigen vorbehalten, die das Privileg der Jagd innehatten : dem Adel. Durch diesen Schutz konnte sich die heimische Tier- und Pflanzenwelt weitgehend ungestört ausbreiten.
Mitten im Karwendel entspringt die Isar, deren Flusslauf zusammen mit der Auenlandschaft und dem Karwendelgebirge schon seit über 100 Jahren unter Naturschutz stehen; das Obere Isartal ist seit 2004 ein Schutzgebiet europäischen Ranges. Als eines der letzten wilden Flusslandschaften der Alpen ist das Obere Isartal Heimat für viele seltene Pflanzen und Tiere.
Wer sind die Naturschutz-Ranger im Tölzer Land?
Die Isar-Ranger im Tölzer Land sind an der Isar und am Walchensee aktiv. Die Ranger bilden ein Team mit den so genannten Naturschutzwächtern und werden von vielen anderen Stellen unterstützt, wie zum Beispiel von Fischern, der Forst, Polizei, Wasserwacht, Bergwacht, Feuerwehr und natürlich auch den Gemeinden. Die Rangerinnen und Ranger fungieren als Bindeglied zwischen den verschiedenen Interessensgruppen und deshalb gehört das Netzwerken auch zu den Aufgaben.
Die Schutzgebiete der Naturschutz-Ranger beginnen südlich von München entlang der Isar bis an die Landkreisgrenze im oberen Isartal. Das Karwendelvorgebirge und der Walchensee gehören ebenfalls zum Einsatzgebiet der Isar-Ranger – mehrere tausend Hektar, die es zu überwachen und beschützen gilt.
Ich bin unterwegs mit Sabine Gerg, die im Isartal aufgewachsen ist und der diese wunderschöne Region deshalb umso mehr am Herzen liegt. Nach fast 20 Jahren in ihrem ursprünglichen Beruf als Sozialpädagogin hat sie umgesattelt – ihre Erfahrung in der Erziehungshilfe kommt ihr bei den zwischenmenschlichen Begegnungen, die nicht immer ohne Konflikte ablaufen, dabei zu Gute. Immer bei Sabine mit dabei: Labrador-Mischling Bertl mit seinem glänzend braunen Fell und seinem tollpatschigen Wesen (natürlich an der Leine, wie sich das gehört).
Der zweite Ranger im Bunde bei unserer Wanderung entlang der Isar ist Michl Neukum . In seinem Beruf als Techniker, arbeitet er nur noch in Teilzeit, um den Rest der Zeit für den Naturschutz tätig zu sein. Das bedeutet oft auch Einsätze abends und am Wochenende, und wenn’s nicht anders geht, dann übernachtet er halt auch im Auto. Wo einer wie er, der in einer der schönsten Gegenden Deutschlands lebt, Urlaub macht, frage ich ihn. „Ich war in meinem Job auf der halben Welt unterwegs, viel in den USA, in Asien… wenn ich jetzt Urlaub habe, dann gehe ich mit meinem Sohn genau hier her. Ich nehm‘ mein Fernglas und ich schau‘ einfach.“
Ich kann ihn gut verstehen. Hier einfach nur zu sitzen und zu schauen, das klingt so gut. Obwohl ich ihm es nicht ganz abnehme, dass er seinen inneren Ranger dann ausstellen kann und einfach nur ein Urlauber ist wie jeder andere auch. Dafür liebt er das, was er tut einfach zu sehr.
Aufgaben der Ranger
Die Ranger sind keine rechthaberischen „Kontrolettis“ und es geht ihnen überhaupt nicht darum, jemanden bei einem Vergehen zu erwischen und ihn oder sie anschließend dafür zu bestrafen. Klar, wer eine Ordnungswidrigkeit begeht, der darf auch seinen Geldbeutel zücken – für Naturschutzgebiete gelten in Deutschland Regeln, deren Nichteinhaltung Strafe kostet. Denn Rangern ist es viel wichtiger, dass man versteht, warum das, was man gerade getan hat, nicht gut und richtig ist. Eigentlich ist es ganz einfach: Man soll nix kaputt machen, keinen Müll hinterlassen, nichts Mitnehmen, und den Hund an der Leine lassen.
Aber Menschen sind halt Mensch und manchmal geht es mit ihnen eben durch: Sie machen ein Feuer und grillen Würstchen, sie campen wild, sie rupfen eine Pflanze aus, die sich hübsch in der heimischen Vase machen würde. Oder sie laden sich den gesamten Kofferraum mit Isarkieseln voll, um sie dann im Münchner Vorgarten dekorativ zu verteilen. Das sind nur einige der Geschichten, die mir Ranger Michl erzählt, er hat sicher noch viele mehr auf Lager. Umso beeindruckter bin ich, wie er in solchen Reaktionen reagiert: gelassen, ruhig, deeskalierend. Michl geht immer davon aus, dass der Mensch eigentlich nix Böses will und hofft auf Verständnis und dass es dann doch irgendwann „klick“ macht, wenn er zum x-ten Mal erklärt, warum auch der naturverbundenste Naturbursche nicht im Naturschutzgebiet an der Isar übernachten sollte.
Ganz ehrlich, ich könnte das nicht – ich werde schon hoch emotional, wenn bei mir vor der Haustür Enten mit Brot gefüttert werden oder ein neugieriger Hund gerade ein brütendes Blässhuhn hochscheucht. Die Ranger freuen sich, wenn sie in einen Dialog gehen können und auf der anderen Seite Einsicht herrscht: „Die meisten verstehen es dann auch und verhalten sich dementsprechend, manche bedanken sich sogar für die Aufklärung,“ so Michl. Dann bleibt es auch manchmal bei einer Verwarnung oder einem Platzverweis. Ein paar Unbelehrbare gibt es natürlich immer: Über 4.000 Ordnungswidrigkeiten wurden 2020 gemeldet, das meiste davon waren Müll- oder Parkvergehen. 2021 waren es weniger – unstetes Wetter und Lockerungen bei den Coronamaßnahmen lockten vermutlich weniger Menschen ins Naturschutzgebiet, es gab ja wieder andere Alternativen der Freizeitgestaltung. „Langweilig war’s trotzdem nie“, sagt Ranger Michl.
Seltene Arten im Tölzer Land
Mit Sabine, Michl und Hund Bertl wandern wir durch das Kiesbett entlang der Isar und bekommen dabei immer mehr Einblicke in die tägliche Arbeit der Ranger. Zwischen unserem und dem gegenüberliegenden Ufer befindet sich eine Insel, an deren Kiesbänken im Frühjahr beispielsweise auch der Flussregenpfeifer und der Flussuferläufer brütet. In der Roten Liste der Brutvögel Deutschlands wird der Flussuferläufer als stark gefährdet geführt. Beide brauchen Ruhe, um sich wohlfühlen und an seinem Nistplatz zu bleiben. Damit niemand auf die Idee kommt, dort auf der Insel zu angeln, zu baden oder zu picknicken, stellen die Ranger zur Brutzeit Schilder auf – und holen sie außerhalb der Saison wieder ab.
Müll einsammeln ist eine weitere Routinearbeit im Alltag der Ranger. Man muss nicht sonderlich detektivisch versiert sein um nachzuvollziehen, aus welchen Tätigkeiten der meiste Abfall resultiert: Wir finden Grillkohle, Feuerzeuge, Kronenkorken. Aber auch andere Dinge, die nicht hier her gehören, werden entfernt. Kleine Traumfänger zum Beispiel, die in den Büschen hängen. Hier zögert Ranger Michl einen Moment, „jemand hat das sicher aus spirituellen Gründen hier hingehängt“ und es tut ihm auch sichtlich leid, doch: Es hat hier nichts zu suchen und schadet der Natur. Bei anderen unerwünschten Objekten greift er da schon beherzter zu, wie bei einer eigentlich recht hübsch anzusehenden, grasähnlichen Pflanze, die er mit einem kräftigen Griff aus dem Kiesbett rupft. Wenn man der Verbuschung durch die Weiden nicht Einhalt gebietet, breitet sie sich rasant aus und nimmt mehr und mehr den Lebensraum der Deutsche Tamariske ein.
Naturschutzgebiet Oberes Isartal: Wie verhalte ich mich richtig?
Was darf ich eigentlich im Naturschutzgebiet und was sollte ich tunlichst unterlassen? Wenn du deinen gesunden Menschenverstand benutzt, bist du eigentlich schon so gut wie auf der sicheren Seite:
- Das Auto nur auf ausgewiesenen Parkplätzen abstellen, entlang der Mautstraße Wallgau/Vorderriß besteht zudem ein Nachtparkverbot (in Einsiedel und Fall gibt es Nachtparkplätze)
- Bewege dich nur auf ausgewiesenen Wegen
- Pflücke keine Pflanzen
- Nimm all deinen Müll wieder mit
- Mache kein Feuer, grille nicht
- Stelle kein Zelt im Naturschutzgebiet auf und kampiere dort nicht
- Leine deinen Hund an
- Störe nicht die dort lebenden Tiere.
Eigentlich ganz einfach, oder? Das alles musst du dir übrigens nicht merken: Im Naturschutzgebiet stehen überall Hinweisschilder, die deutlich zeigen, wie du dich verhalten sollst.
Kampagne: Naturschutz beginnt mit dir
Zur Herangehensweise der Rangerinnen und Ranger passt auch die Kampagne „Naturschutz beginnt mit dir“ des Tölzer Lands hervorragend: Statt nur von der Kanzel zu predigen, sollen du und ich durch eigenes Erleben dafür sensibilisiert werden, warum Natur- und Umweltschutz wichtig ist – und was wir selbst dazu beitragen können. Mit verschiedenen Aktionen – wie zum Beispiel bei den #andersoutdoorwofchen in Lenggries, Kräuterführungen in Bad Tölz oder einem Waldspaziergang mit dem Förster in Wolfratshausen wird Naturschutz praktisch erlebbar gemacht.
Mehr Infos: Naturschutz beginnt mit dir
Rangertour buchen
Zu ausgewählten Terminen kannst du die Ranger auf einer Tour begleiten und erfährst dabei nicht nur Wissenswertes über die heimische Flora und Fauna, sondern bekommst direkt den Rangeralltag mit all seinen Aufgaben und Herausforderungen mit. Weil jeder Ranger ein anderes Steckenpferd hat, finden auch die geführten Touren unter einem jeweils anderen Motto statt.
Sehr beliebt ist auch die Drahteselführung von Lenggries bist Bad Tölz, bei der die Isar mit ihrer schützenswerten Auenlandschaft erkundet wird.
Die Rangerwanderungen soll es voraussichtlich auch im Spätherbst und Winter geben, alle Informationen dazu sowie weitere Naturerlebnisse im Tölzer Land findest du hier.
Das Tölzer Land
Unter „Tölzer Land“ versteht man die 21 Städte und Gemeinden des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen. Unter diesem Dach veranstaltet die Tourismusmarke „Tölzer Land“ viele buchbare Naturerlebnisse, gibt Freizeittipps und Anregungen für Wanderungen, wie zum Beispiel einer Gourmetwanderung am Starnberger See. Hier findest du alle Informationen über Urlaub im Tölzer Land.
Transparenz. ich wurde vom Tölzer Land zur Rangerwanderung eingeladen. Der Beitrag entstand mit dem fachkundigen Input von Rangerin Sabine Gerg und Ranger Michl Neukum. Ich bedanke mich recht herzlich!